Von meiner Angst in der Schwangerschaft darüber, ob ich das zweite Kind lieben kann wie das erste, habe ich hier bereits geschrieben. Aber wie ist es jetzt nach der Geburt? Das Baby ist mittlerweile 6 Monate alt, der Alltag hat uns schon längst wieder. Die Frage nach der Liebe kann ich ganz klar mit ja beantworten. Aber was ist mit meiner Zeit? Kann man zwei Kindern gerecht werden?
Manchmal wünschte ich mir ich könnte mich zweiteilen. Das Baby wird gerade gestillt, während die Große getröstet werden will, weil sie sich den Finger geklemmt hat.
Dabei kommt sie aber nicht zu mir gerannt, sondern bleibt meistens am Ort des Geschehens stehen und weint bitterlich nach Mama.
Das sind so Momente an denen ich fast an meine Grenzen gerate. Ich fühle mich zerrissen und finde mich in einer Situation wieder, in der ich mich für ein Kind entscheiden muss.
Höre ich mit stillen auf, wird das Baby weinen, auf der anderen Seite kann ich meine Große nicht richtig trösten und in den Arm nehmen.
Dieselben Personen, andere Situation: Ich muss das Baby zum Mittagsschlaf hinlegen, sie quengelt schon und reibt sich deutlich die Augen. Ihre große Schwester will aber genau jetzt ein Buch mit Mama anschauen. Das Baby geht jetzt natürlich vor, die Große muss warten. Ich vertröste sie auf später, aber das schlechte Gewissen bleibt.
Das Leben ist unfair
Es ist ja auch unfair. Meistens haben die Bedürfnisse des Nesthäckchen Vorrang. Und wenn ich meine Erstgeborene dann mit hängenden Schultern davontrotten sehe, dann zerreißt es mir fast das Herz. Die tut mir dann einfach leid.
Wie schön es da wäre es würde mich zweimal geben.
Liebe, Zeit und Aufmerksamkeit: Die Geschwister sollten doch von allem gleich viel bekommen. Und immer wieder frage ich mich, wie man es schafft beiden Kindern gerecht zu werden.
Kann das ältere Kind überhaupt verstehen, warum es oft warten muss?
Wir haben unseren Weg gefunden. Klar gibt es immer noch Situationen, in denen ich mir zerrissen vorkomme. Aber es wird besser. Wir alle wachsen an dem Baby und den damit verbundenen nicht mehr ganz so neuen Alltag.
Ich versuche immer wieder meiner Tochter zu erklären warum sie jetzt warten muss und beschäftige mich dafür umso intensiver mit ihr, wenn die Kleine gerade schläft oder zufrieden mit ihrem Mobile spielt. Außerdem macht der Papa abwechselnd was mit einem der Mädchen. So haben beide auch immer wieder etwas Exklusivzeit mit einem Elternteil.
Es ist wie es ist
Und dann ist es einfach wie es ist. Die Welt geht nicht unter, wenn sich die Mädchen ab und zu einmal zurückgesetzt fühlen. Das ist normal und fördert meiner Meinung nach sogar die Sozialkompetenz. Denn so lernen die Kleinen Gefühle auch mal selbst zu regulieren und entwickeln Empathie. Meine zweijährige Tochter kommt mittlerweile sofort zu mir angerannt wenn ihre kleine Schwester weint. Sie hat verstanden, dass das Baby nur so seine Bedürfnisse ausdrücken kann und reagiert so gut wie nie mit Eifersucht, sondern zeigt mit ihren zwei Jahren schon jede Menge Mitgefühl.
Das Gefühl der Zerrissenheit kommt und geht, aber es gehört zum Elterndasein dazu. Das Leben ist eben nicht immer fair. Die Kleine kleckert beim Essen, die Große wird für das gleiche Verhalten geschimpft. Eltern müssen genauso wie ihre Kinder lernen, dass man nicht alle immer gleich behandeln kann. Und das ist auch gut so.
Zwei Kindern gerecht werden? Das tun wir, Tag für Tag, manchmal dem einen etwas mehr als dem anderen, aber immer so gut es eben geht. Und unsere Kinder wissen das, da bin ich mir ganz sicher.
Herzlichst, eure kleinliebchen