Ich bin eine Stiefmutter
Für alle diejenigen, die jetzt irgendwie ein beklemmendes Gefühl bekommen, lasst euch gesagt sein, ihr seid nicht alleine. Denn das ungute Gefühl was einen beschleicht wenn man dieses Wort hört, ist leider weit verbreitet. Dabei ist es einfach so, ich bin eine Stiefmutter.
Mein Mann hat bereits einen Sohn aus einer vorherigen Beziehung. Und wenn dieser gefragt wird wer ich bin, dann stellt er mich als seine Stiefmutter vor.
„Das ist meine Stiefmutter“
Meistens sehe ich meinem Gegenüber direkt an was er denkt. Das Stirnrunzeln, der betroffene Blick zur Seite, all das registriert mein geschultes Auge sofort. Dabei ist es nun mal einfach so. Ich bin seine Stiefmutter. Einmal waren wir alle auf einem Flohmarkt und mein Stiefsohn war an irgendeinem Spielzeug interessiert. Die Verkäuferin sagte zu ihm er solle doch die Mama fragen ob sie es ihm kauft. Er entgegnete der Verkäuferin das ich nicht seine Mama sondern seine Stiefmutter bin. Die Verkäuferin war entsetzt und sagte er soll doch nicht so schlecht über mich reden, ich sei doch schließlich bestimmt sehr nett und lieb. Als würde das eine das andere ausschließen. Solche Situationen erlebe ich immer wieder.
Patchworkfamilien sind längst in der Gesellschaft angekommen
Diese zusammengewürfelten Familien entsprechen heutzutage ja fast der Norm. Jeder kennt jemanden der „patchworkt“.
Auch in den Medien ist das längst kein Tabuthema mehr, siehe nur die Familien Schweiger oder Wulff.
Also wurden in den vergangenen Jahren auch fleißig Begriffe definiert um das Verhältnis zwischen dem Kind des Partners und der neuen Frau zu definieren. Am bekanntesten ist wohl Bonusmama und Bonuskind.
Für einige Betroffene in Patchworkfamilien ist das sicher auch eine schöne Bezeichnung, ich konnte mich damit aber noch nie so recht anfreunden.
Warum fühlen sich so viele Menschen mit dem Wort Stiefmutter eigentlich so unwohl?
Vermutlich tragen den Großteil der Schuld die Gebrüder Grimm. In ihren weltweit bekannten Märchen sind es immer die Stiefmütter, die in erschreckender Art und Weise die Nachkommen ihres neuen Mannes tyrannisieren. Denken wir nur einmal an Schneewittchen. Die hat ihre Stiefmutter nach mehrfach versuchten Mordes bestimmt nicht besonders positiv in Erinnerung.
Oder Hänsel und Gretel, deren Ziehmutter mehr als nur einmal versucht hat sie im Wald auszusetzen. Sie wollte die Kinder unbedingt loswerden. Soetwas kann nur einer bösen Stiefmutter einfallen.
Was die wenigsten wissen, in der ursprünglichen Fassung dieser Märchen waren es die eigenen Mütter, die ihre lieben Kleinen so drangsaliert haben. Da dies den zwei Brüdern aber zu grausam erschien, wurden aus den Müttern eben die bösen Stiefmütter.
Und dieses Bild der Stiefmutter hat sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Wenn an Stiefmutter gedacht wird, dann wird unweigerlich auch sofort an das Böse gedacht.
Ich persönlich finde das Wort Stiefmutter völlig in Ordnung. Wie soll mich denn der Sohn meines Mannes sonst vorstellen? Klar, mit meinem Namen. Aber wenn er gefragt wird in welcher Beziehung wir stehen?
„Die Neue von meinem Papa“ oder die „Next“? Na danke, welche Frau will schon als „Nachfolgerin von“ betitelt werden.
Und mit Bonusmama fühle ich mich auch nicht wohl. Mama hat für mich eine sehr einzigartige Bedeutung. Ich würde auch nicht wollen das meine Mädchen zu einer anderen Frau Mama sagen. Vielleicht wenn es mich nicht mehr gäbe, aber das ist ja wieder ein ganz anderes Thema.
Ich mag das Wort Bonusmama einfach nicht.
Ich bin eine Stiefmutter. So wie sie es schon seit Jahrhunderten gibt.
Also, an alle die bei dem Wort zusammenzucken: Eine Stiefmutter ist eine ganz normale Frau, die sich in einen Mann verliebt hat, der schon Kind(er) hat. Und sie ist nicht böse. Versprochen.
Herzlichst, eure kleinliebchen